Prof. Dr. Michael Braungart

Cradle to Cradle® - Beyond sustainability

Stellen Sie sich eine Welt ohne Umweltverschmutzung oder Verschwendung vor, in der ausschließlich Produkte hergestellt werden, die sowohl dem Menschen als auch der Umwelt Vorteile verschaffen. Eine Welt, in der Materialien so wertvoll sind, dass sie in speziell designten Material-Zyklen zirkulieren. Eine Welt, in der Menschen stolz sein können über die positiven Auswirkungen ihres Konsums auf die Umwelt. Eine Welt, in der die Menschen auf nichts mehr verzichten, sich nicht mehr einschränken und sich nicht zurücknehmen zu müssen, um die Umwelt zu schützen. Das ist genau jene Welt, die das Cradle to Cradle®-Konzept uns allen eröffnet.

Die Begriffe “Eco-efficiency” (Effizienz) und “Eco-efficacy” (Wirksamkeit) werden häufig als Synonyme verwendet. Allerdings gibt es einen bedeutenden Unterschied. Anstatt die Materialflüsse zu minimieren, meint “Eco-effiacy” die Idee, die Produkte und ihre jeweiligen Materialien zu transformieren, damit eine funktionierende Beziehung zwischen ökologischen Systemen und ökonomischen Wachstum entstehen kann. Hier ist es nicht das Ziel, den “cradle to grave”-Materialfluss (von der Wiege bis zur Bahre) zu reduzieren oder zu verschieben, sondern Metabolismen zu schaffen, die Produktionsmethoden erlauben, die mit den Prinzipien der Natur vereinbar sind und denen Materialien wieder und wieder verwendet werden können.

Die “Eco-efficiency”-Herangehensweise beschäftigt sich ausschließlich mit vorhandenen und messbaren Parametern, die die zu minimierenden Probleme betreffen – z.B. der Treibhauseffekt –, wohingegen der “Eco-efficacy”-Ansatz zusätzlich auch die Beschaffenheit der einzelnen Parameter in Betracht zieht – z.B. Karbondioxid als Nährstoff. Das Cradle to Cradle®–Konzept versucht das Qualität-über-Quantität-Prinzip auf industrielle Vorgänge anzuwenden. Material und Materialflüsse werden dann so designt, dass sie für die Regeneration ihrer biologischen und technologischen Quellen förderlich sind. Eine solche Herangehensweise befreit uns von unserer gegenwärtigen Verantwortung und Pflicht, Verhalten zu reduzieren oder zu verlangsamen, das negative Einflüsse auf die Umwelt hat.  Wir können so von den Einschränkungen befreit werden, die aus der gegenwärtig geläufigen Kultur der Selbstanklage hervorgehen.

 

Curriculum Vitae

Professor Dr. Michael Braungart ist Gründer und wissenschaftlicher Geschäftsführer von EPEA Internationale Umweltforschung GmbH in Hamburg. Zudem ist er Mitbegründer und wissenschaftlicher Leiter von McDonough Braungart Design Chemistry (MBDC) in Charlottesville, Virginia (USA), und Gründer und wissenschaftlicher Leiter des Hamburger Umweltinstituts e.V. (HUI). Diese Institute teilen einen gemeinsamen Wertekanon, der intelligentes, ästhetisches und öko-effektives Design umfasst.

Braungart studierte Chemie und Verfahrenstechnik, unter anderem in Konstanz und Darmstadt. In den 1980er Jahren engagierte er sich bei der Umweltorganisation Greenpeace und baute dort ab 1982 den Bereich Chemie mit auf. 1985 übernahm er die Leitung dieser Abteilung. Im gleichen Jahr promovierte er an der Universität Hannover am Fachbereich Chemie. EPEA gründete er 1987.

Seitdem ist er mit Forschung und Beratung für öko-effektive Produkte befasst – also Produkte und Produktionsprozesse, die in einem geschlossenen Kreislauf gedacht werden und nicht nur nicht schädlich für Mensch und Natur sind, sondern nützlich. Er arbeitet mit zahlreichen Organisationen und Firmen aus vielen Branchen zusammen; beispielsweise in einer Partnerschaft mit der Ellen MacArthur Foundation, welche Cradle to Cradle übernommen hat.

Zurzeit hat er eine Lehrtätigkeit an der Rotterdam School of Management der Erasmus Universität Rotterdam und Professorentätigkeiten an der Leuphana Universität Lüneburg, der Universität Twente in Enschede sowie an der TU Delft. Zudem ist er im Rahmen der Exzellenzinitiative Ehrenprofessor der TU München. 2013 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Hasselt in Belgien übertragen.

Braungart ist Co-Autor der „Hanover Principles of Design: Design for Sustainability", die als Richtlinien für die Weltausstellung 2000 in Hannover dienten. Im Jahr 2002 verfasste er zusammen mit William McDonough das Buch „Einfach intelligent produzieren" (Originaltitel „Cradle to Cradle: Remaking the Way We Make Things"), welches in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Darauf aufbauend erschienen 2008 „Die nächste industrielle Revolution: Die Cradle-to-Cradle-Community" und 2013, erneut zusammen mit McDonough, „The Upcycle: Beyond Sustainability – Designing for Abundance”.

Für seine Arbeit erhielt Michael Braungart eine Reihe von Auszeichnungen, unter anderem 1993 den „Océ-van der Grinten Award“ für die Entwicklung des Intelligenten Produktesystems (IPS), 1999 den Umweltpreis des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management e.V. (B.A.U.M.) für herausragende wissenschaftliche Leistungen, 2003 den „Presidential Green Chemistry Challenge Award“ der United States Environmental Protection Agency (EPA) und 2013 den „Sustainable Entrepreneurship Award (SEA) of Excellence” für sein besonderes Engagement zur Förderung von nachhaltigem Unternehmertum.